Die unbarmherzige Tara Sala

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Zurück zu Feuer und Wasser…

15. – 16. August

Der Morgen beginnt sehr trüb. Das liegt allerdings nicht an schlechtem Wetter, sondern daran, dass sich der Waldbrand wieder bemerkbar macht und uns den Smog in die Augen treibt. Es ist schlimmer als zwei Tage zuvor.

Man kann den gelblichen Stich im Nebel erkennen. Die Mücken juckt das nicht und sie fallen erbarmungslos über uns her. Das Frühstück fällt kurz aus und wir sind schnell auf dem Fluss.  

Wir kommen wieder gut voran, müssen ab und zu treideln. Der Tag nähert sich dem Mittag, dann kommen wir an eine Gabelung, an der sich der Fluss nach rechts und links jeweils zu einer Felswand teilt. Wir entscheiden uns für links. Aus der Ferne sieht es etwas so aus, als würde das Wasser unter den Fels strömen. Aber wir hatten schon öfter Situationen, in denen das Wasser zu Felsen strömt und wir gut rechtzeitig abbiegen konnten. Doch meine Augen hatten mich nicht getäuscht und zu unserem Schrecken taucht das Wasser wirklich unter dem Felsen ab. Die Strömung macht keine Wende vor dem Hang, sondern kracht mit uns erbarmungslos dagegen. Ich wende das Boot rechtzeitig, doch wir kommen nicht von der Stelle und werden mit voller Härte seitlich dagegen geschlagen. Uli versucht noch uns mit dem Paddel vom Fels zu stemmen, doch es geht sehr schnell. Unser Boot wird von der heftigen Strömung gekentert. Unser Gefährt kippt und dann tauche ich schon ein in das eisige Wasser. Ein Sog zieht mich unter Wasser und in einem schrecklich langen und ruhigen Moment sehe ich das Boot und die Oberfläche des Wassers über mir.  

Ich stemme all meine Kraft in Arme und Beine und bringe mich nach oben. Ich tauche auf, nass und voller Adrenalin. Mein Atem geht schnell, vor Schreck und Kälte. Rechts von mir sehe ich Uli, der schon über Wasser ist und erleichtert ist, als er mich sieht. Wir schwimmen am Boot entlang mit der Strömung nach vorne und versuchen es von den Felsen zu lösen. Wir atmen sehr schnell. Doch es hängt mit der Oberseite an der Wand und lässt sich nicht bewegen, so stark wir auch am Seil ziehen. Ich will hin um das Boot selbst zu drehen, da kommt mir Uli zuvor und löst die Luftpumpe von den Steinen, die sich, gezurrt an unser Gepäck, dort verkeilt hatten. Jetzt können wir das Boot befreien und ziehen es an das andere Ufer.

Wir befestigen es und ziehen uns aus, um unsere Klamotten notdürftig an der Luft zu trocknen. Jetzt können wir wieder aufatmen und fast schon darüber lachen. Allerdings bleibt das Lachen uns noch im Hals stecken. Es ist an der Luft warm genug, aber ausgerechnet heute hätte auch wie die übrigen Tage die Sonne scheinen können.  

Abends kommen wir an einem großen Flussbett an und zelten früh, um unsere Sachen zu trocknen. Das Unglück ist schon wieder lange her und trotz dessen haben wir die bisher längste Distanz zurückgelegt. Immerhin haben wir schönstes Wetter mittlerweile und genießen den Abend bei einem großen Feuer.   Wir sprechen gerade davon, was die Dorfbewohner eigentlich den ganzen Tag treiben, da hören wir das Geräusch eines Motors. Es klingt wie ein sehr sehr großes Raubtier oder ein Panzer. Bäume und Äste verbiegen sich etwa zweihundert Meter entfernt und aus dem Busch bricht ein großer Ural. Wir winken und das Ungetüm ändert seinen Kurs, neigt sich in einen Fluss und schaufelt sich einfach hindurch. Mit dem dunklen Brummen des Achtzilynders, so tief wie eine Kontinentalspalte, steigt es wieder aus dem Fluss auf und hält neben uns. Heraus steigt ein lustiges Kerlchen mit Baseball Cap und schmutzigem T-shirt, der uns verwundert freundlich mit ausgestreckter Hand und einer benebelnden Wodkafahne zum Gruß entgegen kommt. Er stellt sich vor und fragt uns wer wir sind und  wohin wir wollen. Er ist ganz überrascht, dass wir mit dem Boot vom Sobopol kommen und fragt uns, ob wir ihn nicht wieder in diese Richtung zum Fischen begleiten wollen. Doch unser Enthusiasmus noch einmal umzudrehen ist sehr gering und wir lehnen ab. Unser Freund ist nur ein wenig enttäuscht. Dann sieht er unsere Köder Sammlung und will einige gegen eine Steckrute tauschen. Doch wir haben Ruten und seine ist uns viel zu groß, also lehnen wir auch das ab. Seine Kinder kommen von der Ladefläche geklettert und wir werden der ganzen Familie vorgestellt. Seine Frau passt gerade auf das Jüngste auf, zwei Racker turnen um das Gefährt und unfähig zum Aufstehen liegt und brummt wie der Ural der Bruder, der voll ist wie eine Haubize.

Leben geht durch den Typen und er will uns ständig wieder die Hand schütteln. Nach ein paar Fotos zusammen nimmt der Fahrer noch einen kräftigen Schluck aus der Flasche seines stockbetrunkenen Bruders und weiter geht der Familienausflug. Wir beobachten, wie das tiefe Brummen und das Umpflügen kleiner Bäume am Horizont verschwinden und haben nun die Antwort auf unsere Frage, was die Dorfbewohner treiben.  

Der nächste Tag ist wieder bedeckt, diesmal allerdings von richtigen Wolken. Es regnet sogar leicht. Wir packen trotzdem unsere Sachen und paddeln los. Wir wissen, dass wir heute bei dem selben Tempo der letzten Tage heute Batagay-Alyta erreichen werden. Doch wir hatten uns geschnitten wenn wir dachten, es wäre einfach. Mehrere Situationen müssen wir durchfahren, in denen wir durch starke Stimmung und durch unzählige Steine fahren müssen, die wie Inseln plötzlich auftauchen. Wie wild stecke ich das Ruder links oder rechts ins Wasser um uns im letzten Moment um einen Stein herum zu manövrieren, nur damit plötzlich zwei weitere auftauchen, an denen ich ebenfalls vorbei muss. Jede Wasserbahn im. Freizeitpark ist einfach nur lächerlich dagegen.   In einer anderen Kurve erkennen wir die tödliche Situation vom Vortag. Der Strom sprudelt mit voller Wucht gegen eine Wand und danach wirbelt es gleich noch gegen die Ecke einer anderen Wand, Steine scheinen auch dazwischen zu sein… Diesmal treideln wir entspannt drumherum.

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