FraVis (Diplomarbeit)

Motivation

Photovoltaik-Anlagen werden immer populärer auch in Gebieten, die nicht starkem Sonnenschein ausgesetzt sind. Daher ist es wichtig, die Auswirkungen von Photovoltaik-Anlagen am Standort des Flughafens Frankfurt mit dem besonderen Augenmerk auf den Einfluss des Luftverkehrs zu beurteilen.

Die Diplomarbeit soll einen Beitrag zur Visualisierung von Photovoltaik-Anlagen und deren möglichen Blendeffekten auf anfliegende oder abfliegende Luftfahrzeuge aufzeigen. Es soll ein Konzept erstellt werden, wie die Blendeffekte von Photovoltaik-Anlagen auf Lotsen und Piloten für beliebige Standorte am Flughafen Frankfurt modelliert und bewertet werden können. In diesem Zusammenhang soll geprüft werden, ob sich zukünftig diese Visualisierungen in einem bestehenden Visualisierungstool, dem CyViation Animator, realisieren lassen. Anhand eines 3D Modelles soll dann die Auswirkung der verschiedenen Verortungsmöglichkeiten an der Lärmschutzwand bei unterschiedlichen Wetterbedingen visualisiert werden. Dabei sollen die verschiedenen Wetterbedingungen, die Lage der Photovoltaik-Anlagen und deren Auswirkung auf Piloten und Lotsen analysiert und bewertet werden.

Zielstellung

  • Visualisierung der Photovoltaik-Anlagen am Beispiel der Verortung an der Lärmschutzwand mit einem bereits bestehenden Modell des Frankfurter Flughafens.
  • Visualisierung der ggf. entstehenden Blendeffekte bei verschiedenen Wetterbedingungen (verschiedene Sonnenstände, Nebeneffekte wie Schnee oder Regen).
  • Konzept für die Realisierung für zukünftige Untersuchungen bei Nutzung von anderen Standorten und ggf. Konzepterstellung für eine Umsetzung in das Programm CyViation Animator darlegen.

Interdisziplinäre Grundlagen

Astronomie: Zur Ermittlung der korrekten Sonnenposition über dem Standort Flughafen Frankfurt (Main) sind zahlreiche astronomische Berechnungen notwendig. Konkret müssen für jede beliebige Zeiteinheit der Sonnen-Azimutwinkel und der Sonnen-Höhenwinkel ermittelt werden.
Geodäsie: Das Feld der Flugzeugnavigation bewegt sich im sphärischen WGS84-Koordinatensystem, die Vermessung des Frankfurter Flughafens erfolgt im partiell-kartesischen Gauss-Krüger-Koordinatensystem. Beide Systeme müssen ineinander und in ein lokales kartesisches System überführbar sein.
Photovoltaik: Zahlreiche verschiedene Photovoltaik-Systeme existieren auf dem Markt und werden weiter entwickelt. Auch Antireflexionsschichten existieren. Wichtig sind die Materialeigenschaften von Anlagen für die Messung des Ausmaßes und der Richtung von Sonnenreflexionen.
Photometrie: Nach Reflexions- und Brechungsgesetzen lassen sich die Richtung und die Intensität von Reflexionsstrahlen ermitteln.
Perzeption: Das Ausmaß an Blendung kann für das menschliche Auge unterschiedliche Wirkungen zeigen. Wichtige Parameter sind hierbei die Leuchtdichte (abhängig vom Abstand zur Lichtquelle) und die Dauer der Blendung.
Flughafen: Der Standort unterteilt sich in verschiedene Bereiche; die Positionen der betroffenen Akteure Tower-Lotsen und Vorfeldkontrollen-Losten spielen ebenso eine maßgebliche Rolle wie die Positionen der Start- und Landebahnen und der Lärmschutzwand als Standort für theoretische Photovoltaik-Anlagen.
Flugwesen: Zur Messung der Blendung von Piloten müssen Flugpläne und Flugrouten einbezogen werden. Diese hängen ferner ab von individuellen Profilen der Maschinen und gesetzlichen Vorgaben. Die Dimension von Routen ist hierbei genau zu erfassen. Der Verlauf der Flugrouten wird dem AIP entnommen.

Umsetzung

Für die Arbeit wird eine eigene Software implementiert, die „Fraport Visualisierung & Simulation (FraVIS)“ betitelt ist. In der Anwendung wird der Frankfurter Flughafen als Modell maßstabsgetreu dargestellt. Dazu wird aus der aktuellen oder einer individuellen Uhrzeit und der geografischen Lage des Flughafens die exakte Position der Sonne berechnet und diese visuell dargestellt.

Auf dem Modell der Lärmschutzwand wird eine virtuelle Photovoltaik-Anlage angebracht mit einem Zenit-Neigungswinkel von 30°. Von der Sonne aus werden die direkten Sonnenstrahlen verfolgt und dargestellt, welche die Flächen der Photovoltaik-Anlage treffen. Für jeden eingehenden Sonnenstrahl wird der räumlich korrekte Reflexionsvektor von der betroffenen Solarmodul-Fläche berechnet und als Strahl dargestellt.

Für jeden reflektierten Sonnenstrahl wird zu jeder beliebigen Zeit getestet ob ein Flugzeug, ein Tower oder eine Vorfeldkontrolle davon geblendet wird!

Flugbewegungen werden nicht einzeln betrachtet. Stattdessen wird jede einzelne An- und Abflugsroute in einem geometrischen Körper zusammengefasst, für den zu jeder beliebigen Zeit Schnitttests mit den reflektierenden Sonnenstrahlen durchgeführt werden.

Flugrouten werden generell cyan gezeichnet; verläuft ein Schnitttest mit einem reflektierenden Sonnenstrahl für ein Segment einer Flugroute positiv, wird dieses gelb gefärbt. Zudem werden numerisch folgende Ergebnisse aufgelistet:

  • Ø Datum der Blendung
  • Ø Start-Uhrzeit der Blendung
  • Ø End-Uhrzeit der Blendung
  • Ø Dauer der Blendung
  • Ø Name des Segmentes einer Flugroute, das geblendet ist
  • Ø Name des Segmentes der Photovoltaik-Anlage, das blendet
  • Ø Distanz der Blendung in Metern




Ergebnisse

Jeder betrachtete Zeitintervall kann in einer XML-Datei gespeichert und wieder erneut geladen werden. Jeder Eintrag kann individuell auf Abruf die entsprechende Situation wiederherstellen. Die numerischen Ergebnisse des Jahres 2010 wurden in drei Diagrammen ausgewertet:

Aufkommen von Blendeffekten

Die Grafik veranschaulicht, an welchem Kalendertag (x-Achse) um welche Uhrzeit (y-Achse) es bei einer Flugroute zu einer Blendung durch die Photovoltaik-Anlage kommt. Dabei treten in den Monaten Dezember und Januar (Kalendertage 334-365, 0-31) keine bzw. äußerst wenig Blendungen auf. In den übrigen Monaten lässt sich vor allem zur Zeit den Sonnenuntergangs jedes Kalendertages eine Blendung verzeichnen. Die meisten Aufkommen des Jahres treten zwischen 16 und 19 Uhr auf. In den Sommermonaten Mai bis August treten Blendungen auch von 10 Uhr morgens an auf. Die Symmetrie der Grafik resultiert aus der zyklischen Bahn der Sonne.

Intensität der Blendeffekte

Auch diese Grafiken sind symmetrisch aufgrund der zyklischen Bahn der Sonne. Links abgebildet ist ein Diagramm der Intensität der reflektierten Sonnenstrahlung unter der Annahme, dass die verwendeten Solarzellen aus reinem Silizium bestehen und keine Antireflexionsmaßnahmen getroffen sind. Die rechte Grafik gesteht den Photovoltaik-Modulen eine Antireflexionsbeschichtung mit 99,99% Absorbtionsvermögen zu, was der Spitze moderner Technik entspricht. Für jeden Kalendertag (x-Achse) wird dargestellt, welche Lichtintensität reflektiert wird. Die y-Achse zeigt hierbei die Beleuchtungsstärke an Stelle der Photovoltaik-Flächen in 10.000 Lux.

Fazit

In dieser Arbeit wird sowohl grafisch als auch numerisch deutlich wie, wann und wo es zu Blendeffekten kommen kann in dem Fall, dass wirklich auf die in der Arbeit beschriebene Weise Photovoltaik-Anlagen auf der Lärmschutzwand angebracht werden sollten. Durch einen Ausbau an Optionen könnte zukünftig zusätzlich die blendenden Objekte modular gehalten werden, d.h. es ließe sich manuell ein Objekt in der Szene erstellen für das geprüft werde soll, ob und wo es blendet. Durch die tiefere Betrachtung photometrischer Zusammenhänge ließe sich prüfen, welche Lichtintensität wirklich in einem Cockpit herrscht und wie gefährlich diese Lichtmenge für das menschliche Auge wäre.

Die Arbeit wurde von mir Fraunhofer FIT fortgesetzt und bei Heise bzw. Technology Review veröffentlicht.