Tagebucheintrag
19. Februar 2007
Die ganze Nacht über haben wir das Blöken der Kamele im Ohr und es ist schweinekalt. Man stellt sich eine Nacht in der Sahara romantischer vor. Immerhin hat man uns eine Kerze gegeben, damit wir uns etwas Licht machen können.
Mitten in der Nacht weckt mich Susanne für den Sonnenaufgang. Ich ringe mich aus den schönen warmen Decken in den kalten und sandigen Morgen und folgt Su auf eine Düne. Überall im Sand fallen uns Spuren auf; in der Nacht müssen eine Menge Tiere unterwegs gewesen sein. Viele gewundene Spuren könnten von Schlangen stammen.
Wir warten eine ganze Zeit lang, doch es lohnt sich nicht wirklich. Das Land wird nicht wie erhofft plötzlich von Licht überflutet, denn der Horizont ist diesig und nur langsam kriecht die Sonne durch die Schwaden, bis es einfach hell ist.
Wenn wir denken Berber würden früh aufstehen täuschen wir uns. Wir müssen bis halb zehn Uhr warten, bis der erste Muselmane aus seinem Bett kriecht. Die Amerikaner brauchen sogar noch etwas länger.
Bis die Schlafnasen aufwachen streifen Su und ich noch etwas in der Gegend herum und beobachten ein Kamel, dass trotz Handycap 300 Meer aus dem Lager heraus schafft. Mangels Bäumen zum Anbinden schlingt man einfach ein Seil um einen Vorderfuß und verbindet es mit dem Hals, sodass das Kamel nur auf drei Beinen stehen und nur in der Gegend herumhopsen kann.
Wir haben ein offenes Zelt zum Frühstück zur Verfügung. Die Berber speisen wieder unter sich. Man gibt uns etwas Brot, Aufstrich und natürlich zuckerdurchtränkten Pfefferminztee. Aber das Frühstück ist von daher schon einmalig, da man auf Kissen ist und auf die Dünen blickt.
Nachdem sich alle gesammelt haben verabschieden wir uns von den Berbern, bedanken uns für ihre Gastfreundschaft und steigen in den Land Cruiser. Nun heizen wir noch etwas durch die Wüste, bis wir wieder festen Boden unter die Räder bekommen und fahren dann Richtung Mhamid. Dort bleiben wir aber nicht sehr lange. Eigentlich schauen wir uns nur ein weiteres Schild an, auf dem steht, wieviel Kilometer es noch bis Timbuktu sind. Die „Stadt“ besteht aus einigen Lehmhäusern mitten in einer Gerölllandschaft und der Wind bläst Sand und alte Papierreste durch die Gegend. Hier sind nicht so viele Leute und die wenigen, die man sieht, schauen genauso verloren wie Esel oder Kamele, die man irgendwo in einer Ecke festgebunden hat.
Wir lassen die Siedlung und damit die Wüste hinter uns und fahren langsam wieder zum Drâa-Tal. Wir fahren diese Strecke ein paar andere Abzweigungen und werden von einer Polizeikontrolle angehalten. Zwei saubere Uniformierte sitzen unter einem dichten Olivenbaum und halten jedes vorbeikommende Fahrzeug an.
Hier gibt es scheinbar Probleme mit der Zulassung oder einer Versicherung, die abgelaufen sein soll. Zweihundert Dirham später ist das Problem jedoch erledigt und die Beamten wünschen uns einen schönen Tag und noch einen schönen Aufenthalt in Marokko. Das Geld entrichtete der James; Bestechung der Polizei sind einkalkulierte Spesen.
Wir fahren wieder durch bei herrlichem Wetter durch die Dattelpalmen des Tal des Drâa, stoppen bei einer Töpferei und beobachten die Entstehung der verschiedenen Töpferarbeiten.
Nachmittags machen wir halt an einer alten Kasbah, in welcher nun ein Restaurant eingerichtet ist. Su und ich finden einen guten Platz auf dem Dach des alten Lehmgemäuers mit einem grandiosen Blick über den Fluss und das Meer aus Bäumen drumherum. Wir sind ziemlich die einzigen. Die Amerikaner wollen lieber im Schatten des Erdgeschosses bleiben.
Auch das Essen ist wunderbar. An Leib und Seele gestärkt fahren wir zurück und kommen wieder in Ouarzazate an. Der Portier lässt ausrichten, dass Ali später gegen 22 Uhr nochmal vorbeikommen will, um etwas mit uns trinken zu gehen. Doch Su und ich sind vom Tag nun so erledigt, dass wir entschließen uns mit dem Abendessen soviel Zeit zu lassen, dass eventuell die Gefahr bestehen könnte Ali zu verpassen.
Wir verabschieden uns von den Amerikanern, die morgen früh wieder nach Marrakesch fahren werden und von James, den wir um 8 Uhr in der Frühe wieder sehen werden, um zur Tour in die Gorges aufzubrechen.
Su und ich wollen mal nicht im hotelnahen Lokal essen, sondern wir gehen auf Erkundung. An einer nahen Straße sehen wir ein paar „Restaurants“ und wir picken uns eines heraus. Es ist nur ein kleiner Laden, vor dem die Leute draußen an Tischen sitzen, etwas essen und gebannt auf einen Fernseher schauen.
Dort läuft der Nachrichtensender Al Jazeira aus Dubai. Als wir uns dazwischensetzen herrscht erst einmal allgemeine Verwirrung und ein nervöser Mann kommt auf uns zu und nickt uns fragend an. Da der Mann nur arabisch spricht und auch so etwas wie eine Karte unbekannt bestellen wir das Übliche: Tajine. Der Mann legt sich mächtig ins Zeug, bringt uns feines Besteck, Servietten und Schalen mit warmem Wasser, um die Hände darin zu waschen. Dann trägt er uns große Schmortöpfe mit Tajine und Pommes Frites auf. Die Tajine hier ist die beste der ganzen Reise. Su zahlt und gab ihm noch eine Münze Trinkgeld, worüber der arme Mann nun komplett verdattert ist. Wir gehen und ich frage meine Su, warum zum Henker sie ihm ganze 10 Dirham Trinkgeld gegeben hat. Das war mehr, als eines der Essen gekostet hatte. Sie fällt aus allen Wolken, kramt in ihrer Börse und stellt fest, dass sie die Münzen verwechselt hatte. In dem Lokal können wir uns jedenfalls nicht mehr blicken lassen…
Am nächsten Tag werden wir die Gorges besuchen.