Mit den Tao durch das Busuanga-Archipel

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In einer kleinen Propellermaschine landeten wir auf der kleinen Insel Busuanga. Der „Flughafen“ lag im Zentrum der Insel, und neben Hügeln und Busch gab es dort auch nichts. Am Rand der Piste gab es eine kleine Wellblechhalle, zu dem das Gepäck aus der Maschine von Arbeitern getragen wurde. Unsere Frage, wie wir von hier nun nach Coron kämen, beantwortete sich sofort selbst. Vor der Halle warteten einige geschäftige junge Männer mit Minivans auf die Passagiere und fragten jeden nach seiner Unterkunft. Ich wollte mir wieder mit anderen eine Fahrt teilen, doch das machte die Sache für die Fahrer kompliziert. Nachdem wir hörten, dass die einstündige Fahrt auch nur 150 Pesos, d.h. drei Euro, kostete, war es uns auch egal einen ganzen Kleinbus für uns zu haben. Auf unsere Zusage ging es auch sofort los, zwei Leute, Fahrer und Beifahrer, fuhren uns durch die verschlungenen Straßen des Busches bis zur Südküste, an der Coron lag. Der Sprit kann in diesem Land gar nicht so billig sein, dass sich diese Fahrt finanziell lohnen könnte.


Verkehr gab es auf den Straßen erwartungsgemäß nicht, wenn man von Gegenverkehr in Form von Rindern absieht.

Coron wirkte anfangs klein und wuselig. Eigentlich gab es auch nur zwei bis drei Straßen, in denen es Geschäfte und Lokale gab. Obwohl es an Land viel Platz hatte bauten die Menschen die meisten ihrer Häuser auf Pfählen im Wasser. Vermutlich ist so das Abwassersystem am günstigsten. Lediglich die Baustelle eines hässlichen Betonbunkers wies darauf hin, dass nun auch diese Stadt für den Tourismus entdeckt worden war. Sonst lebte diese Stadt ihren philippinischen Ursprung mit Farmen, in denen Kampfhähne gezüchtet wurden, und Schnellimbisse, in denen es gegrillte Schweineköpfe auf die Hand gab. Wir beobachteten auch, wie in einem Laden, wo wir uns Schatten in der Mittagshitze und etwas Kühles gönnten, wie junge Frauen an Tischen seltsame Dinge präparierten. Es stellte sich heraus, dass dies Vogelnester von speziellen Schwalben waren, die es nur in der hiesigen Inselwelt gab. Die Fischer fuhren zu Inseln mit steilen Felsen, kletterten dort hinauf und suchten nach verlassenen Nestern. Diese waren essbar, wurden von den Frauen gereinigt und nach China verkauft, wo man sehr viel Geld für diese Imbisse mit angeblich heilender Wirkung bezahlte.

Wir blieben in einem recht leeren Hostel direkt am Hafen. Auch dieses Gebäude wurde aufs Wasser gesetzt. Dementsprechend saß man auf Planken über dem Wasser und die interessante Meereswelt unter sich bewundern.

  

Am nächsten Morgen ging es zum nahen Hafen, um dort mit einem Banka der Tao für die nächsten Tage auf „Expedition“ zu gehen. „Tao“ nennt sich eine Gruppe, die sich zum Ziel gesetzt hat Ökotourismus wörtlich zu nehmen und den Inselbewohnern zugute kommen zu lassen. Sie wurde gegründet von Jack und Eddi, einem Engländer und einem Filippino, die sich in ihrer Studienzeit in Edinburgh kennenlernten und die Idee aufgriffen, die paradiesische Inselwelt der Philippinen auf ökologische Art und Weise für kleine Gruppen Touristen zugänglich zu machen. Man möchte dafür mit den Dorfbewohnern der Inseln zusammenarbeiten, indem man mit Ihnen auf traditionelle Art Unterkünfte baut und von Ihnen alle Produkte bezieht, die man auf den Fahrten braucht, vom Fisch über die Kartoffel bis zur Seife. Es wurden nicht nur viele der Leute durch die Tao beschäftigt, viele junge Leute erhielten von Jack und Eddi sogar ein Stipendium für ein Studium ihrer Wahl, sodass Sie gebildet bei den Tao im Land ihrer Eltern arbeiten können und so nicht wie die meisten in die Ferne zum Geld verdienen ziehen müssen. Zusätzlich lernen die jungen Leute, dass es sich lohnt, die Umwelt zu schützen und sauber zu halten. Was ihre Eltern nicht verstehen und nicht lernen, wie Eddi uns erzählte und was wir am Strand in Donsol beobachten konnten.

Die Fahrt nannte sich Expedition, da lediglich das Ziel feststand. Die genaue Route wurde relativ spontan festgelegt, was von Wind und Strömungen abhing. Es gibt einige Möglichkeiten für Unterkünfte in der Inselwelt. In einigen Dörfern gibt es kleine Hütten für Touristen ebenso wie auf einigen einsamen Inseln.

Die Banka war größer als die, welche wir bisher gesehen hatten. Sie hatte zwei Decks, denn es gab einen großen Stauraum und eine Kombüse an Bord. Mit uns fuhren auch Jacks Familie, die immer wieder die Touren ihres Sohnes genießen, und ein paar andere Europäer und Australier. Uns fällt immer wieder auf, dass nur Westler unkomfortable abenteuerliche Reisen zu schätzen wissen.

Die Crew bestand natürlich ausnahmslos aus Filippinos, die von den Inseln stammten, an denen wir anlegten. Die folgenden Tage waren für eine Expedition ziemlich entspannt. Wir hatten Schnorchelausrüstung griffbereit an Deck, legten an einsamen Inseln an und hatten und einen enorm guten Koch, der aus Fisch und Früchten die herrlichsten Snacks und Gerichte zauberte, zum Beispiel Essen aus junger Kokos, frischem Blau- oder Gelbflossen Thunfisch, Jackfisch, Bananenherz, Papaya, Mango und Seegrassalat, wozu es Ingwertee gab. Und Bhmba war gerademal siebzehn Jahre alt.

Genau wie Rey, dem Schiffsjungen, der jeden schnell zum Lachen brachte. Romy, der Leiter der Fahrt, war schon gesetzteren Alters.

Zur Ausrüstung gehörten ebenfalls drei Kajaks. Wenn einem der Sinn danach stand auf der See zu paddeln konnte man das tun. Ansonsten dienten die Boote dazu Proviant an Land zu bringen. Sonst schwamm man einfach, denn das Wasser war immer warm. Allgemein waren wir ständig im Wasser, Sonne und Wind trockneten einen sofort.

Unser erster Halt war nicht weit von Coron entfernt. Eine vorgelagerte vulkanische Insel hatte einen See voll kristallklaren Brackwassers, also gemischtem Süß- und Salzwasser. Die Wände des Sees waren sehr steil, sodass man beim Schnorcheln das Gefühl hatte über einen Abgrund zur Abyss zu fliegen. Aufgrund eines legendären Barrakudas wurde der See ebenso benannt, allerdings wurde er ebenso häufig wie verlässlich gesichtet wie Nessie. Um die Insel herum gab es unglaublich herrliche Korallen, vor denen sich ebenso ein Abgrund erstreckte. Große Fächer und Schwämme, Seeigel, Oktopusse, Seegurken, Muränen, Rochen, Seeschlangen sowie viele bunte Fische bevölkerten die Korallenwelt. Wir sollten uns aber vor Steinfischen und Stachelrochen in Acht nehmen. Leider gab es auch viele Quallen, doch es stellte sich heraus, dass diese harmlos waren. Schmerzhafter dagegen war das Plankton, was ich nie für möglich gehalten hatte. Das Plankton hier enthielt viele winzige Quallen, deren mikroskopische Nesseln fiese Pusteln auf der Haut auslösten.

  
 Es ging weiter über die See zu weiteren Inseln, wo wir das Glück hatten zu Wracks tauchen zu können, ohne Tauchausrüstung zu brauchen. Während des Zweiten Weltkriegs sind hier mehrere Schiffe der Japaner von Amerikanern versenkt worden. Nun dienten die Kriegsschiffe als Kinderstube der Meereslebewesen einem deutlich besseren Zweck.

 

Die erste Nacht verbachten wir auf einer kleinen Insel, auf der es ein kleines Dorf gab. Wir erhielten eine kleine Überdachung. Besser kann man die winzige Konstruktion nicht nennen. Traditionell tranken wir bei Sonnenuntergang alle zusammen immer den „Jungle Juice“, ein Gemisch aus dem philippinischen Tanduay Rum, frischem Ananassaft und Calamansis. Letzteres sind winzige Limetten, die hier viel verwendet werden.

Es gab nicht viel Licht in der Nacht. Man konnte den großartigsten Sternenhimmel beobachten, den man sich vorstellen kann, und sich in der Dichte der Milchstraße verlieren.

Morgens gab es ein Frühstück aus Früchten, vor allem Papaya, Mango, Ananas und Pomelo. Gestärkt ging es wieder auf See. Dort fischten wir selbst ebenfalls. Ab und zu ging jemandem ein Thunfisch an den Haken, der sofort von Romy filettiert und uns mit Soja-Sauce und Wasabi als frischestes Sashimi vorgelegt wurde, das es gibt.

Zwischendurch machte man auch halt an Felsen, auf die man klettern konnte und von denen Mutige auch wieder ins Wasser heruntersprangen. Drumherum gab es vulkanische Höhlen, die das Wasser in der Finsternis verschluckten.

Es war herrlich mit dem Boot durch die Inselwelt zu reisen. Ab und zu sah man auch einen Delfin oder Fliegende Fische segelten aufgeschreckt durch die Luft. Abends legte man wieder an einsamen Inseln an und ließ mit Rum den Tag am Lagerfeuer zu Ende gehen.

Auf einer Insel hatten die Tao neben den Bambushütten sogar ein Vollyballnetz aufgespannt, was wunderbar zum Spielen einlud.

Auf der Hauptinsel der Tao versuchte man selbst eine Farm zu betreiben und Lebensmittel anzupflanzen. Mit viel Mühe und dem Wissen der Einheimischen baute man Papayas und Süßkartoffeln an und züchtete Schweine, Truthähne und Hühner.

 

Auf der letzten Insel machten wir einen Ausflug durchs Landesinnere, was sich mit unseren Flip Flops jedoch als sehr schwierig herausstellte. Zwischendurch wanderte ich sogar barfuß. Uns fehlten jedenfalls die Skills, die Romy und Rey und auch Jo Jo (aus Banaue) hatten, um mit Flip Flops jedes beliebige Gelände mit Leichtigkeit zu durchqueren. Auch waren wir im Gegensatz zu den Filippinos relativ vorsichtig, da wir vor kurzem gehört hatten, dass es hier auch Kobras gibt.

  

Lebendig schafften wir es jedoch über die Insel, wo uns unser Boot erwartete und letzendlich bis nach El Nido in Palawan brachte. Der Abschied von den wunderbaren Menschen und dem luxeriösen Robinson-Leben fiel schwer, doch nun erwartete uns diese faszinierende Insel. Palawan ist die ursprünglichste der großen Inseln der Philippinen und durch die geringste Einwohnerzahl auch die am wenigsten erschlossene. Wir waren gespannt.

  

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