Die Heimat von Connor vom Clan der Macleod


Tagebucheintrag

7. Juni 2013

Wir setzen unsere Reise von Oban aus in Richtung Norden fort. Das Wetter hat sich mittlerweile fest eingestellt und wir müssen das beste daraus machen. Niemals hätten wir gedacht, dass die Tage hier so aussehen könnten. Wir rechneten mit Regen und Nebel, dem typischen schottischen Wetter. Was wir nun haben ist einfach falsch. Es ist strahlend sonnig und kaum eine Wolke trübt den blauen Himmel. Das Wasser reflektiert diese Farbe und im Sonnenlicht des Juni strahlt auch die Natur in den bunten Farben der Blüten uns des reinen Grüns der Pflanzen.

Er ergibt sich für uns der Eindruck, dass wir nicht in den nördlichen Highlands der britischen Insel unterwegs sind, sondern uns durch ein Wurmloch auf eine Südseeinsel verirrt haben. Ich frage mich schon unterbewusst, ob es hier auch Rum gibt. Es ist so falsch. Der Eindruck von Schottland ist fest an schlechtes Wetter gebunden. Wir sind so enttäuscht.



Auf einer winzigen Felsinsel in einer Meeresbucht kurz vor Fort William steht Castle Stalker. Das Tower House ist bekannt aus der Schlussszene von „Monty Python and the Holy Grail“ als „Castle Aaaaarrrrggghhhh“.

Es ist nicht viel los. Die Saison ist noch früh und wir haben die Südsee-Highlands für uns. Nur durch eine Tatsache merken wir den Unterschied zu Polynesien: das Wasser ist eiskalt.



Bekannt ist Fort William auch als Ziel des “Hogwarts-Express”. Eine Bahnlinie schlängelt sich idyllisch durch die Highlands und bildet die Kulisse für die Anfahrt zur Zauberschule in den Harry Potter-Filmen.

Fort William ist die größte Stadt der westlichen Highlands und der Endpunkt des West-Highland-Ways. Für uns jedoch nur ein Zwischenziel mit obligatorischer Bierchen-Pause. Nach einem Bummel durch die Fußgängerzone setzen wir unsere Reise in den Norden fort.

Zudem thront über der Stadt der höchste Berg Großbritanniens: der Ben Nevis. Mit 1345 Metern überragt er damit jeden anderen Hügel der britischen Inseln. Nur wenigen Menschen ist der Aufstieg jemals gelungen (Berichten Zufolge waren die letzten Menschen dort oben eine Grundschulklasse aus Glasgow) und es gibt Legenden darüber, dass dort oben noch immer die Götter der Pikten über die Highlands bestimmen.


Am Straßenrand fallen uns immer wieder verlassene Dörfer und beziehungsweise oder verfallene Kirchen auf. Neben den Ruinen findet man die dazugehörigen Friedhöfe. Die Grabsteine sind verwittert oder umgefallen. Zerbrochene Obelisken oder verkrüppelte Engel zeugen von Familiengruften.

Dazwischen wachsen Büsche und grasen Schafe. Wir sind fasziniert davon, dass die Menschen hier diese Orte verwittern lassen und gleichzeitig spüren wir den Hauch der Vergangenheit auf unserer eigenen Haut und fühlen uns um zweihundert Jahre zurück versetzt.




In Inverinate übernachten wir unmittelbar am Ufer des Loch Duich im Haus eines alten Ehepaares. Zunächst will uns der Hausherr aufgrund eines Missverständnisses vom Grundstück jagen. Als wir klarmachen, dass wir nicht mit Äxten und Knüppeln auf Raubzug sind, sondern mit Rucksack und Explorer-Pass Bett und Frühstück suchen, werden wir herzlich empfangen.

Wir breiten wie gewohnt unsere stinkenden Sachen im Zimmer aus, wechseln zu etwas weniger Stinkendem und machen uns auf den Weg ins nächste Pub für Haggis und Whisky.

Der Spaziergang zum nahegelegenen Dorf ist an sich schon sehr schön. Auf dem Weg zurück neigt sich die Sonne schon dem Horizont zu und färbt das Land in ein warmes Orange. Die Wärme nimmt ab und eine Jacke schadet nicht.

Kann ein Abend gediegener ausklingen als mit einem Glas Whisky vor der Kulisse des Sees? Ja, nämlich wenn es keine nervigen Kriebelmücken gibt, die uns nach kurzer Zeit wieder ins Haus treiben.




Am nächsten Morgen starten wir zu unserer ersten Wanderung. Hinter Morvich beginnt der Weg zu den Falls of Glomach. Laut Chris Reiseführer sollte in lediglich anderthalb Stunden Entfernung der besagte Wasserfall auftauchen. Doch das ist nicht der Fall. Wir kehren einen Teil unseres Weges zurück. Ein Highlander, der grob geschätzt unser Großvater hätte sein können, sprintet lässig an uns vorbei, während wir bei Traumwetter dem Pfad folgen. Er trägt weder Kilt, noch einen Dudelsack oder ein Claymore-Schwert, also sind wir etwas enttäuscht. Aber das Wetter ist ja schließlich auch nicht typisch schottisch.

Wir fragen ihn nach dem Wasserfall und er kratzt sich am Kopf. Einen Wasserfall gäbe es, aber der sei fünf Stunden in die andere Richtung. Er selbst würde jetzt allerdings neun Stunden lang einen anderen Weg laufen und so, wie er davon sprang, würde er wohl in diesen neun Stunden sicher bis nach Edinburgh kommen.

Wir lassen den Wasserfall sein und geben uns mit unserer Route und dem Motto “der Weg war das Ziel” zufrieden. Mit dem Wagen fahren wir zur nahegelegen Eilean Donan Castle.



In diesen Bergen lebte „Connor Macleod vom Clan der Macleod“ – so jedenfalls berichtet es der Film „Highlander“. Spätestens seit Eilean Donan Castle in diesem Kultfilm über die Leinwände flimmerte hat es sich zu einer Pilgerstätte für Cineasten und Schottlandfans entwickelt. Und tatsächlich ist etwas an der Geschichte dran. In dieser Burg lebten wirklich die Mitglieder des Clans der Macleod. Allerdings gibt es keine wissenschaftlichen Berichte darüber, ob ein Mitglied davon heute noch lebt, geschweige denn versucht, anderen Erdenbürgern den Kopf abzuschlagen.

Die heutige Burg ist eine Rekonstruktion vom Anfang des 20.Jahrhunderts, nachdem die ursprüngliche Burg während der Jacobitenaufstände zerstört wurde. Hatte sie zunächst noch dem Beschuss dreier englischer Fregatten über eineinhalb Tage getrotzt, so fiel sie letztlich nach ihrer Eroberung einer gewaltsamen Sprengung zum Opfer.

Die Burg befindet sich nahe der Küste. Direkt dahinter führt eine Brücke auf die Insel Skye, die uns mit ihrer Kulisse und ihrem Talisker Whisky anlockt. – Chris & Alex