Zu den Äußeren Hebriden an den Rand der Zivilisation



Tagebucheintrag

10. Juni 2013

Es zieht uns noch weiter gen Norden. Noch weiter in die raue Einsamkeit der Äußeren Hebriden. Mit der Fähre setzen wir von Uig auf der Isle auf Skye über nach Tarbert auf de Isle of Lewis.

Diese Inseln sind abgesehen von den Orkney-Inseln das Abgelegenste, was man besuchen kann. Erwartungsgemäß ist auf der Fähre nichts los. Und am Hafen von Lewis ebenfalls nicht.



Die Hebriden bestehen aus zwei Teilen, der Isle of Lewis und Harris im Norden und der Isle of Uist im Süden. Ein schmaler Zipfel Land verbindet Lewis und Harris miteinander. Nach Uist muss man ein weiteres Boot nehmen.

Die Landschaft ist trist und man kann die Insel aus zwei Komponenten zusammensetzen: Steine und Torf. Aus ersteren baut man die Häuser, aus letzterem macht man Whisky. Das Angebot der Natur wird bestmöglich ausgeschöpft.




Im erzkatholischen Stornoway haben sonntags sogar die Hotels geschlossen. Auf der Straße begegnen uns Familien, deren Kinder eine Bibel unter dem Arm tragen und uns grimmig anblickend gerade vom Kirchgang heimzukehren scheinen.

Erst nach langem Suchen schließlich finden wir Unterschlupf im „Familienzimmer“ eines Hostels. Das hat zwar auch geschlossen, allerdings steht die Hintertür offen und wir richten uns häuslich ein, nachdem wir unsere Namen auf einer dafür vorgesehenen Tafel verewigt haben.

Die jungen Betreiber mit einer offensichtlichen Vorliebe für verschreibungspflichtiges Räucherwerk treffen wir erst am nächsten Abend mit ihrem Neugeborenen in ihrer kleinen Hippie-Höhle.

Am selben Abend lernen wir dafür in einem örtlichen Pub, das dem Fliegenden Spaghettimonster sei dank sonntags nichts geschlossen ist, zwei Luxemburger kennen – einen Rockmusiker namens Scampi und seinen kochenden Schlagzeuger.




Die Landschaft bietet wenig Abwechslung. Es gibt kaum Bäume und die wenigen scheinen die Veteranen im Überlebenskampf zu sein. Selbst die Schafe scheinen schräg zu laufen in der Gewohnheit dem heftigen Wind des Nordatlantiks zu trotzen.

Die Häuser sind grau. Der Himmel ist grau. Die Landschaft ist grau. Es ist kaum vorstellbar, welche Stimmung hier herrschen muss, wenn es wirklich schlechtes Wetter hat. Die Vorstellung hier zu leben ist gruselig.




Der Butt of Lewis steht im Guinness-Buch als windigster Ort Großbritanniens.

Wir erleben ihn als sonniges Fleckchen Erde an dem ein laues Lüftchen weht.



Das Black House vermittelt einen Eindruck vom harten Leben, dass die Bewohner dieser abgelegenen Insel zum Teil noch bis Mitte des 20 Jahrhunderts führten. In fensterlosen, sich eng an den Boden duckenden Hütten hausten sie gemeinsam mit ihrem Vieh.

Der Name leitet sich ab vom Ruß des Torf-Feuers, der das Innere des Hauses erfüllt. Lungenkrebs sollte wohl als natürliche Todesart selbstverständlich sein auf dieser Insel.





Die Callanish Stones erheben sich seit fast fünftausend Jahren in der Einsamkeit dieser Gegend. Über ihren Ursprung wird noch gestritten. Im Volksmund heißt es, dass die Riesen, die in grauer Vorzeit Lewis und Harris bewohnten, sich weigerten zum Christentum zu konvertieren.

Daraufhin bestrafte Saint Kieran sie, indem er sie zu riesigen Steinen erstarren ließ. Wir sind glücklicherweise noch einmal entwischt, und das, obwohl wir demonstrativ auch hier unsere Bananen an die Steine halten.





Auch auf Lewis und Harris nutzen wir die Gelegenheit für eine Wanderung. Der Great Bernera Trail ist unser Ziel. Der Weg führt durch eine zerklüftete, baumlose Küstenlandschaft – größtenteils auf unbefestigten Pfaden und mit Holzpfählen markiert. Die Strecke ist schön und einfach. Der Weg führt stetig am Wasser entlang.

Wir staunen nicht schlecht, als mitten auf dem Weg plötzlich unsere Smartphones piepen. Im Nirgendwo gibt es einen WIFI-Hotspot, in denen sich unsere Geräte direkt einwählen und unzählige Neuigkeiten empfangen.

Die Tage auf den Äußeren Hebriden gehen zu Ende und wir nehmen eine weitere Fähre, um wieder auf die britische Insel zu kommen. Nun geht es so weit nach Norden, wie es mit dem Auto möglich ist. – Chris & Alex