Unser nächster Halt ist Visoko. Diese Stadt ist bekannt dafür, dass sie zu Fuße eines Berges liegt, der aus der Höhe betrachtet verdächtig nach einer Pyramide aussieht.
Auch wenn es aus archäologischer Sicht nicht den geringsten Hinweis auf eine kulturelle Geschichte des Berges gibt überbieten sich Pseudowissenschaftler mit abenteuerlichen Theorien über Außerirdische oder Kulturen vor den Ägyptern. Unter Umständen werden diese Theorien mitfinanziert aus der lokalen Tourismusbranche, denn die Anzahl der Restaurants mit „Blick auf die Pyramide“ ist auffällig hoch.
Im Netz haben wir uns wieder eine wunderbare Wohnung geschossen. Sie ist groß, hat mehrere Zimmer, eine Terrasse, und einen günstigen Preis. Letztendlich ist sie auch das Beste an diesem Ort, denn sonst hat er nichts zu bieten. Auf Nahrungssuche erkunden wir die Innenstadt, aber aus unerfindlichen Gründen gibt es kaum Lokale und die existierenden haben abends geschlossen. Nachdem wir es nicht mehr aushalten bleibt uns nichts Anderes übrig, als in der benachbarten Fast Food Cevapciciceria dem Hungertod zu entgehen das Essen mit Bier aus der VIP Bar (sie heißt VIP, ist aber kein VIP) herunterzuspülen. Wir entschädigen uns auf der Terrasse unserer Wohnung mit lokalem Wein und dem Blick auf das nahende Gewitter.
Wir verzichten auf eine Besichtigung der Pyramide der Außerirdischen und brechen am nächsten Tag wieder auf. Wir wählen eine kleine, unauffällige Straße auf der Karte in Richtung Norden, in der Hoffnung auf interessante Begegnungen und schöne Landschaft. Natürlich werden wir nicht enttäuscht.
Unterwegs schauen wir zufällig bei einem Kloster vorbei. Dort wird gerade Bier angeliefert; Mönch müsste man hier sein. Wir bemerken auch eine holzgeschnitzte Abbildung des letzten Abendmals. Der Beschreibung nach handelte es sich hierbei um ein Geschenk an Papst Franziskus, der es wiederum diesem Kloster stiftete.
Es ist sehr grün auf unserem Weg. Die Straße schlängelt sich durch die Berge und wir durchqueren kleine Orte. In einem dieser Dörfer schickt uns Google tief in den Wald, bis uns ein paar Leute anhalten. Unser Bosnisch ist nicht besser geworden in den letzten Tagen, aber wir verstehen, dass wir mit unserem Wagen scheinbar wenig Hoffnung haben diese Straße bis zum Ende fahren zu können. Dafür teilen die Männer ihren Raki mit uns. Das Angebot schlagen wir nicht aus und drehen nach dem kurzen Kulturaustausch um. Unterwegs begegnen wir einem Pilzsammler, der uns seine beeindruckenden Funde vorführt.
Wir bieten dem Mann, der sich als Dragomir vorstellt, an, dass wir ihn zum nächsten Dorf mitnehmen. Er lotst uns zu einem der ersten Bauernhöfe und stellt uns dort seiner Familie vor, bevor es diese losscheucht, um uns Essen und Trinken zu bringen. Seine Tochter Rasim spricht Englisch und kann endlich für uns übersetzen, während sie Brot, Käse, Kekse und Kaffee auftischt, während ihr Vater den Raki besorgt. Zumindest können wir uns mit Whisky revanchieren, wobei wir aufpassen müssen, da Dragomir den ehrwürdigen Tropfen in unseren Augen etwas zu schnell herunterschüttet.
Nach einem schönen bosnischen Mittag auf dem Hof brechen wir wieder auf. Unser Ziel ist die Stadt Travnik, in der Chris eine beeindruckende Festung vermutet.
Über eine schmale Schotterstraße dauert es jedoch noch zwei Stunden, bis wir dort ankommen und feststellen, dass Chris das richtige Gespür für Festungen hatte.
Übernachten werden wir eine Stadt weiter in Jajce.