Tagebucheintrag
12. Februar 2007
Noch einmal können wir im Hotel in Meknés frühstücken, dann brechen wir zeitig auf für unseren Zug nach Fés. Die Fahrt in die Millionenstadt dauert nur eine Stunde. Der Bahnhof ist überraschend klein und beschaulich. Es gibt lediglich ein paar mehr Gleise als in der deutlich kleineren Stadt Meknés. Immerhin kann man um Bahnhof herum viel mehr modernere Häuser sehen. Dennoch wirkt es nicht nach der zweitgrößten Metropole Marokkos nach Casablanca.
Wir steuern sofort den Plan mit den Abfahrtszeiten für die Züge weiter nach Marrakech an, da wir am folgenden Tag aufgrund der großen Distanz einen Nachtzug dorthin nehmen möchten. Ein dicker Marokkaner in lockerem Outfit spricht mich an und weist sich als “offizieller” Touristenführer aus.
Der dicke Touristenführer besorgt mir einen Fahrplan der Züge nach Süden und empfiehlt mir ein Hotel in der Medina, nachdem er mein Budget erfragt. Da wir ohnehin in die Medina möchten können wir uns dort auch das Hotel ansehen. Ich sage erstmal zu, der nette Dicke besorgt uns auch noch ein billiges Taxi und ohne Entgeld lassen wir diesen Touristenführer hinter uns. Er hat seinen Job jedoch hervorragend ausgeführt, da der Taxifahrer erst nach langem Streit bereit ist, den von unserm Freund genannten Preis zu akzeptieren.
Nach etwa zwanzig Minuten stehen wir vor einem Hotel, aber scheinbar sind wir um einige Jahrhunderte in der Zeit zurückgereist. Wir befinden uns am Rande der Medina, wo sich einen Berg hinauf tausende Lehmhäuser unter-, über- und nebeneinander schachteln. Auf der Straße sind deutlich mehr Esel als Autos unterwegs, die Fußgänger waren junge und alte Männer in Kaftanen oder djabalas und die Verkehrswege enden vor der Medina in kleinen, dunklen Gassen, welche wie die Eingänge zu einer eigenen unterirdischen Welt wirken.
Am Eingang des Hauses, das vor allem ein kleines Restaurant zu sein scheint, empfängt uns ein fein gekleideter Marokkaner, der einen markant weißen Schal trägt und uns in sein Haus bittet. Er scheint uns schon erwartet zu haben und stellte sich als Ibrahim vor.
Ibrahim führt uns durch die verschiedenen Stockwerke seines Hotels, die alle sehr hübsch mit bunten Teppichen und Schmuck eingerichtet sind. Er führte uns zwei Räume vor, die wahrhaft ein Traum sind. Neben den Betten gibt es eine große einladende Sofaecke, in der Mitte einen kleinen Tisch, viele schöne Teppiche auf dem Boden und an der Wand hängen stilvolle Bilder. Die Zimmer sehen wirklich gemütlich aus und da mir Ibrahim den Raum wirklich für die von mir vorgestellten 10€/Person anbietet und auch die Lage prima ist können wir nicht nein sagen. Ich stelle mir vor, wie die Provision in die Tasche des dicken Touristenführers vom Bahnhof wandert.
Wir machen uns etwas frisch, besichtigen die tolle Terrasse auf dem Dach, von der aus man einen tollen Ausblick auf die Stadt hat, erledigen die Anmeldeformalitäten und lassen uns von Ibrahim diesmal einen Führer für die Medina rufen. Während wir auf diesen beim einem Pfefferminztee warten, betritt ein junger Mann das Hotel und grüßt uns. Er hatte uns am Bahnhof gesehen und wurde von dem selben dicken Kerl hierher gelotst wie wir. Er ist Amerikaner und mit seiner Frau auf Weltreise. Im Gegensatz zu uns wollen sie anschließend nicht nach Marrakech, sondern direkt in die Wüste reisen. Jeder Marokkaner versucht uns hier davon zu überzeugen, man müsse von Fes doch direkt in die Wüste. Wenn ich mir aber die Landkarte anschaue kommt mir das unsinnig vor.
Das Fés-al-Bahli
Der Führer trudelte auch nach etwa einer halben Stunde und einigen Kannen Pfefferminztee ein. Er stellt sich als Abdul vor und entpuppt sich als emotionsloser Knabe älterer Generation. Er scheint öfter Touristen durch die Stadt zu führen und auch schon mit allen Sorten von Touristen gearbeitet zu haben. Er führt uns jedenfalls mit der Routine eines Busfahrers durch die Gegend, gibt uns Informationen zum Alter der einzelnen Stadtteile und der Funktion einzelner Häuser, Vorgehensweisen und Tradition der Teppichgeschäfte, Gerbereien und Färber.
Die Medina ist Teil des Fés-el-Bahli, des großen alten Stadtteils von Fés, in dem auch gut dreiviertel aller Einwohner leben. Es gibt hier auch einen andalusischen Teil, begründet von andalusisch stammenden Arabern. Dort kommen wir zuerst vorbei und sehen am Fluss, der durch die Stadt führt, die Gerber bei ihrer Arbeit. Fés-el-Bahli ist ein Ameisenhaufen; besser lässt es sich das Gewimmel nicht beschreiben. Man betritt es durch einen Eingang, ein Sträßchen, in das unentwegt Esel und Berber gehen und auch wieder hinauskommen. Aber diese Sträßchen sind sehr eng und oft sind die Häuser so schief oder wurden gar drüber gebaut, sodass nicht viel Sonnenlicht hier hineingelangt.
Es ist ein heilloser Verkehr hier: schwer bepackte und teilweise auch blutig geschlagene Esel mit Treibern, Schulkinder und Händler drängen sich durch die kleinen Gassen.
Unser Führer spaziert gemütlich durch das Gewirr, führt uns durch Hinterhöfe, in denen in Werkstätten Silberarbeiten gefertigt werden, in alte Koranschulen (madrassa) und Adelshäuser. Natürlich kommen wir zufälligerweise auch an Läden vorbei, in denen uns die Händler schon zu erwarten und diese mit dem Führer gut bekannt zu sein scheinen. Der Führer verabschiedet sich dann mal kurz, damit der Ladenbesitzer kurz die Leitung des Programms übernehmen kann.
Zuallererst finden wir uns natürlich bei einem Teppichhändler ein, einem gemütlichen und humorvollen Mann, der uns bei reichlich dick gezuckertem Pfefferminztee Decken und Teppiche vorführt. Ich spaße mit ihm rum und er bietet mir 500 Kamele für Susanne an. Ich schlage das großzügige Angebot aus und will sehen, wie weit er noch gehen würde, und tatsächlich sind wir am Ende sogar bei 2000 Kamelen. Susanne findet die Verhandlung allerdings nicht so witzig…
Als nächstes kommen wir an einer „Apotheke“ vorbei, in der wir aber vor allem Gewürze zum Essen und Parfüme vorgeführt bekommen. Darunter finden sich natürlich wieder die arabischen Currys, Paprika, Pfeffer und Safran, und Rose und Amber als Düfte…
Der Laden danach war nun ein Geschäft für Keramik und Silberschmuck, darauf folgt eine Händler für Leder. Immerhin hat man von dessen Balkon eine geniale Sicht über die Gerbereien, die von oben wie bunte Bienenwaben aussehen, da sich in jedem dieser tönernen Bottiche ein anderer Farbstoff befindet.
Djabalas um jeden Preis
Als letztes kommen wir in ein Geschäft für Stoffe, Kaftane, djabalas, Schals und natürlich Teppiche. Letztere schlagen wir schon vornherein kategorisch aus, dafür führt man uns alle möglichen Seidenstoffe vor. Der Händler nimmt sich besonders Olli aufs Korn und fordert ihn auf eine Djabala anzuprobieren. Man sieht unserem finnischen Freund an, wie er unter dieser Aufmerksamkeit leidet und nur noch verschwinden möchte. Ich unterstütze den Händler in der Hoffnung, dass Olli mal etwas lockerer wird und mit etwas mehr Spaß an die Sache herangeht. Er zieht die Djabala an und er posierte für die Kameras. Dann stellt der Händler die gefährliche Frage, was Olli denke, was so eine Djabala kostet. Natürlich kann man bei so einer Antwort nur verlieren. Unser Finne windet sich und versichert, dass er keine Djabala kaufen möchte. Schließlich ringt er sich zu einem „200 Dirham“ durch, worauf der Händler natürlich entrüstet reagiert, einen Notizblock zückt und darauf 1500 Dirham schreibt, gleich aber wieder durchstreicht, und dann 1100 darunter setzt. Sonderpreis. Nur heute. Spezielles Angebot nur für Finnen.
Unser Finne betont noch mal die Djabala und auch sonst keine kaufen zu wollen. Der Händler lässt aber nicht locker und fragt ihn, was er bereit wäre für die Djabala zu zahlen. Jeden Preis könne er nennen.
Olli guckt hoffnungslos und murmelt “50 Dirham”, was dazu führt, dass das Gesicht des Händlers kreideweiß wird und auf unseren Führer zugeht und von ihm wissen will, ob dieser Nordeuropäer Witze mache oder ihn auf den Arm nehmen wolle. Da sich die Situation nun doch zuspitzt nehme ich Olli beim Arm und ziehe ihn hinter mir her, komplimentiere uns an dem Händler vorbei und versichere ihm noch mal die außerordentliche Qualität seiner Waren. Gefühlt hat jeder von uns ein Dutzend Messer im Rücken.
Nun war die Tour auch schon so gut wie beendet und der Führer setzte uns bei unserem Hotel ab. Er bot uns an wir könnten uns ruhig wieder bei ihm melden, wenn wir noch einmal seine Hilfe benötigen sollten. Wobei er eingesehen haben sollte, dass sein Geschäft aus Provisionen mit uns ziemlich schlecht läuft.
Eine Taxifahrt mit Hindernissen
Vom Hotel aus möchten wir noch mal zur Touristeninformation, um uns eine Karte der Stadt besorgen. Es dauert eine Zeit lang, bis wir auch ein Taxi finden; auf der Straße herrscht ein heilloses Gewusel und am Rand warten ganze Familien, um die kleinen roten Klapperkisten abzufangen. Diese Taxis nehmen auch noch Leute mit, selbst wenn sie schon einen Fahrgast befördern.
Kurz vor dem Stadttor beginnt unsere Karre plötzlich damit aus dem Motor zu qualmen und der Fahrer ist gezwungen anzuhalten. Sofort eilen Leute von drumherum herbei und betrachten den Motor. Ein paar haben scheinbar Ahnung von der Materie – oder glauben es zumindest.
Ein Mann krempelt jedenfalls die Ärmel hoch und beginnt damit an ein paar Teilen zu schrauben. Jemand gießt etwas Kühlwasser nach und tatsächlich läuft das Auto wieder.
Am Ende der Fahrt versucht uns der Fahrer plötzlich mehr Geld abzuknöpfen, in dem er behauptet, wir hätten doch fünfzig Dirham statt fünfzehn ausgemacht. Darauf fallen wir nicht herein und erwartungsgemäß macht der Fahrer auch keinen Aufstand, als wir ihm das vereinbarte Geld in die Hand drücken.
Ein morgenländischer Abend
Die Touri-Info hat leider schon geschlossen, sodass wir für den Stadtplan bis morgen warten müssen. Da uns die Strecke aber sehr gut gefallen hat laufen wir den Weg zurück, bis wir am Königspalast vorbeikommen und in Richtung Fés-el-Djedda, dem „neuen“ Fés, abbiegen. Neu ist relativ, denn auch dieser Teil ist mehr als 300 Jahre alt. Die Sonne geht unter, doch die Straßen erleuchten unter den Laternen und den dekorierten Ständen. Hier finden sich ganze Straßen aus schönen französischen Kolonialhäuser. Man sieht viele Patisserien, welche kleine Pralinen in allen Formen und Farben anbieten. Auf die Straßen werden Wagen gekarrt, auf denen Brot oder Früchte verkauft werden. Der Betrieb mit dem Einsetzen der Dämmerung enorm zu.
Susanne, Olli und ich drängen uns an den vielen Menschen vorbei durch diese sonderbare Welt, verzaubert von all den Eindrücken um uns herum. In dem dämmrigen Licht sehen wir nur noch schemenhaft in der Umgebung ein Minarett, Palmen und koloniale Häuser aufragen.
Als wir an einem Tor an einer Stadtmauer ankommen und es nicht so aussieht, als geht es noch weiter, kehren wir wieder mit einem Taxi zu unserem Hotel Dahlila zurück, um etwas zu essen.
Eigentlich möchte ich noch ein Foto von dem Stadttor machen, doch ein Mann und ein Soldat pfeifen mich an… es scheint ein streng geheimes Tor zu sein.
Wir freuen uns auf ein Essen auf der Terrasse unseres Hotels, da es wirklich schön aussieht und wir es leid sind auf die Suche nach einem Lokal oder einer Garküche zu gehen und Preise aushandeln zu müssen. Ibrahim ist über uns auch sehr erfreut und bringt uns die Speisekarten. Interessanterweise sind dies aber nicht mehr die Karten, welche ich mittags hier gesehen hatte, sondern andere, wo das einzige Menü plötzlich nicht mehr 50 Dirham kostete, was ich schon teuer, aber erträglich fand, sondern es sind nun 70! Wir diskutieren darüber doch woanders hinzugehen, bleiben aber doch da; immerhin stellt es sich als das beste Essen heraus, das wir auf der ganzen Reise in Marokko vorgesetzt bekommen werden. Nach einer Vorspeise hat jeder von uns zwar entweder wieder nur die Auswahl zwischen Brochettes, Tajine oder Couscous, doch sind diese hier besser, als irgendwo sonst.
Ein abendländischer Morgen
Wir schlafen gut in unserem Zimmer, auch wenn ich Olli wieder ein paar mal nachts vom Schnarchen abbringen muss. Bevor wir uns aufmachen vereinbare ich noch mit Ibrahim unser Gepäck den Tag über im Hotel verwahren zu können. Im letzten Moment fällt ihm auch noch ein, dafür von jedem von uns 10 Dirham zu verlangen. Er macht uns auch noch das Angebot eine Reise in die Wüste von Fés aus zu organisieren, weil es ja viel praktischer sei von hier aus als von Marrakech, was ja ein Riesenumweg wäre. Doch wir schlagen auch das Angebot aus.
Wir möchten nicht mehr im Hotel frühstücken, um nicht wieder so eine finanzielle Überraschung wie am Abend zuvor zu erleben. Wir schlagen die Richtung zur Medina ein, doch als die Straße beginnt sich in den Weiten des Gassensystems des Fés-al-Bahli zu verlieren kehren wir wieder zurück und versuchen einen anderen Weg, den wir aber auch nicht weiterverfolgen. Ohne Stadtplan und mit leerem Magen ist uns das zu unsicher.
Wir finden schließlich an der großen Straße ein Café, das zwar touristisch aussieht, aber von einem Marokkaner betrieben wird, der von Ausländern offenbar keinen blassen Dunst hat. Kaffee zu bestellen stellt kein Problem dar, jedoch an der Erfüllung des Wunsches nach etwas zu beißen hapert es. „Petit dejuné“ hat er nicht zu bieten, aber wir sehen, dass ein anderer Gast Kuchen auf dem Teller hat und versuchen mit Gesten und unseren Zeigefingern das gleiche zu erhalten. Aber statt „cake“ bringt uns der hoffnungslose Mann kleine verpackte Müsliriegel. Wir geben auf und die Müsliriegel zurück und überlegen uns vielleicht ein Brot auf der Straße zu kaufen. Plötzlich erscheint der Kellner wieder mit einem ganzen Teller voll Kuchen, der richtig köstlich schmeckt. Für seine Zaubervorstellung verlangt er noch nicht einmal Touristenpreise! Ende gut, alles gut.
Fés-al-Djedda
So, nun möchte ich aber endlich den verdammten Stadtplan haben. Wir nehmen uns ein Taxi in die Stadt und finden die Touristeninformation offen vor und und erhalten den Plan. Beim Studieren der Karte stellen wir aber fest, dass wir am Vortag fleißig gewesen sind und nicht mehr so viele Sehenswürdigkeiten abzuarbeiten sind. Wir haben uns vorgenommen, den Tag heute noch gemütlich in Fés zu verbringen und erst nachts den Zug nach Marrakech zu nehmen. Da die Bahn zehn Stunden braucht verlieren wir so am wenigsten Zeit.
Die Karte offenbarte uns zwei Sachen, die noch interessant klingen: ein Waffenmuseum in einer Festung und ein Handwerkermuseum in der Neustadt. Letzteres ist gar nicht so weit von unserem Standpunkt entfernt, darum beschließen wir erst einmal dorthin zu gehen.
Die Neustadt ist ein Kontrast ohnegleichen zum alten Fés. Es gibt breite Alleen, Parks, neue Hotels und natürlich viel Verkehr. Weniger Esel, mehr neue Autos. Das gesuchte Museum ist dementsprechend auch in einem schicken Neubau untergebracht. Der Eintritt ist frei, dafür kann man die Exponate auch kaufen. Es gibt sogar Preiszettel für die Sachen, wobei es von jeder Kunstform Exemplare zu finden gibt, ob Silberarbeit, Keramik, Lederwaren oder Teppiche. Und die Preise sind eigentlich nur etwas teurer als die, welche man selbst im Laden heruntergehandelt hätte.
So gesehen sehen wir hier eine gute Übersicht über die wahren Preise. Trotzdem scheint alles eingerichtet für Besucher der Hotels drumherum, die sich der Illusion eines Marokkos hingeben wollen ohne Gefahr zu laufen, einen Marokkaner kennenlernen zu müssen.
Wir wandern wieder zurück und zum Fés-al-Djedda, um es uns mal bei Tag anzusehen. Wir kommen an einem Lokal vorbei, wo uns der Besitzer hineinlocken möchte mit dem Hinweis, dass sein Lokal in vielen Reiseführern aufgelistet ist. In meinem jedoch nicht. Er lässt sich dennoch nicht davon abhalten uns herumzuführen. Sein Lokal hat eine Terrasse mit einem Brunnen und einen schönen Innenraum, wo er uns einen Topf voll mit Wüstensand zeigt und uns den Sand fühlen lässt. Der Sand ist absolut fein.
Dann beginnt der Mann auch schon an die Wüste zu preisen und erwähnt, dass er zufällig auch Touren dorthin organisiert. Mir ist es dann zu viel. Der Typ ist mir absolut unsympathisch er versucht ständig uns mit neuen Einladungen zum Bleiben zu zwingen. Etwas unhöflich mache ich klar, dass wir dankbar sind für seine Aufmerksamkeit, aber gerne weiter wollen. Der Mann versuchte es noch mit Tee, aber ich ziehe Su und Olli hinter mir her zurück auf die Straße.
Skandal im Stadtpark
Raus aus dem Lokal finden wir den Park, dessen Schildern wir überhaupt erst hierher gefolgt sind. Der erste Eindruck ist enttäuschend: ein kleines brackiges Bächlein hier, ein paar abgerupfte Bäume und etwas Gras dort. Aber der Park ist groß und hinter ein paar trockenen Sträucher öffnen sich mit einem Mal saubere befestigte Wege und akkurat angelegte Bäume und Büschen.
Es ist nicht viel los, aber als ich einen Moment Su umarme und küsse höre ich plötzlich hinter mir ein Pfeifkonzert. Irgendein Beamter schmettert nur so in seine Trillerpfeife, bis ich wieder züchtigen Sicherheitsabstand zu meiner Freundin einhalte.
Der Mann schaut mich noch todfinster an, aber belässt es dabei und sieht von einer Festnahme ab.
Der Park recht schön und das Grün und die Ruhe sind auch eine schöne Abwechslung zur trockenen Umgebung. Da kann auch die Familie nicht stören, die systematisch die dekorativen Orangenbäume aberntet.
Die Umgebung von Fés
Wir gehen weiter und kommen auf einen der Hauptplätze von Fés, jedenfalls dem Verkehr und Touristenaufmarsch nach zu urteilen. Der Platz ist wie in Meknés von einer Stadtmauer umgeben und gibt Zugang über drei Tore: eines, aus dem wir gerade kamen und zurück zum Fés-al-Djedda führt, ein Tordas aus der Stadt hinaus führt und letztendlich das schönste von allen, das zum Fés-al-Bahli führt.
Dieses Tor ist mit blauen Ornamente verziert und durch den Bogen sieht man einen wirklich schmucken Teil des alten Viertels. Zwei schöne Minarette ragen über die Häuserdächer, eines davon gehört zur größten Moschee von Fés. Zahlreiche Leute wollen uns mit Speisekarten auf allen Sprachen in ihre Lokale locken. Entweder sieht man unseren teutonischen Nasen die Herkunft an oder die meisten Touristen kommen aus Deutschland, denn die meisten versuchten ihr Glück als erstes auf unserer Muttersprache.
Da wir etwas müde sind und genug Zeit übrig haben lassen wir uns doch in ein Café locken. Wir suchen uns eines aus, das einen wunderbaren überdachten Balkon auf dem Dach besitzt, von dem man einen herrlichen Rundblick über den Platz, das Tor, die Straßen, Häuser und Moscheen hat.
Wir trinken ungesüßten Pfefferminztee und genießen die Ruhe solange, bis eine polnische Reisegruppe in das Café einfällt und wir die Flucht ergreifen.
Nach dem Tee spazieren wir noch die Straße weiter, vorbei an den üblichen Läden, die wieder in die Medina führt. Der Gasse durch die Altstadt folgend würden wir direkt zum Hotel kommen, soweit reicht unsere Ortskenntnis bereits. Wir kehren jedoch wieder um und wollen einen anderen Weg gehen, nämlich einen, der um die Stadt herum führt.
Da das neuere Fés auf einem Berg liegt, führt der Weg zur Medina hinab, und das in Serpentinen, von denen man aber einen wunderbaren Blick ins Tal hat. Unterwegs klettern wir einen Hügel hinauf, auf dem sich noch Reste einer kleinen Befestigung befinden. Von hier aus hatte man ein vortreffliches Panorama über die Stadt und das Hinterland, und mit der Aussicht genießen wir den Sonnenuntergang.
Anschließend beschließen wir aber noch nicht gleich unser Gepäck zu holen, sondern zuerst noch in der Stadt etwas zu essen. Wir haben noch massig Zeit, da der Nachtzug nach Marrakech Fés erst um 1:15 Uhr verlässt. So nutzen wir die Zeit für ein einfaches Essen in einer gewöhnlichen Garküche und holen anschließend das Gepäck. Zurück im Hotel treffe ich auch den Amerikaner wieder, der eine Djabala trägt, wie Olli sie gestern anprobiert hatte.
Er stellt sich als Chad vor und er meint, seine Frau und er haben ihre Pläne geändert und wollen nun doch direkt nach Marrakech reisen. Sie haben den europäischen Betreiber einer Jugendherberge kennengelernt, der ihnen klargemacht hat, wie lange und beschwerlich der Weg von hier in die Wüste ist; da hätten sie sich umentschieden. Meiner Meinung nach hätte es in Blick auf eine Landkarte auch getan.
Wir verabreden uns am übernächsten Tag auf dem großen Platz von Marrakech, dem Djemma-el-Fna, zu treffen.
Mit allem Gepäck wieder in der Stadt verbringen wir die Zeit noch mit viel Pfefferminztee, bis sich der Zug nach Marrakesch endlich in Bewegung setzte.